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Nachhaltigkeit: Eine Frage der unternehmensstrategischen Entscheidung

Konzerne, Mittelständler, Startups – sie alle sind maßgeblich verantwortlich für einen bewohnbaren Planeten. Ihr Impact ist höher als der jeder*s Einzelnen und kann manchmal sogar mehr als ein Staat bewirken. Dieser Artikel geht der Frage nach, wie das Thema Nachhaltigkeit in die unternehmensstrategische Entscheidung einfließen sollte, um „die Welt besser zu machen“.

Die 4 Dimensionen für Nachhaltigkeit

Dafür lohnt sich der Blick in vier unterschiedliche Dimension, von denen sich letztere drei als relevante Handlungsdimensionen für Unternehmen und andere Akteur*innen ableiten lassen.

  1. Den Blick nach hinten werfen und das Verständnis für den Status Quo zu erlangen – „wieso sind wir da wo wir sind?“ (Verstehen)
  2. Den Blick nach vorn richten und dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit so neue Wachstumschancen abgewinnen (Vorausschauen).
  3. Den Blick zur Seite wenden und mit der geschäftlichen „Umwelt“ in einen Austausch treten (Vernetzen).
  4. Den Blick nach innen lenken und durch eine Umstrukturierung operativer Prozesse die Transformation voranbringen (Verändern).

Die Dringlichkeit: Ein Appell unserer Erde an seine Bewohner*innen

Hätte unsere sensible Erde ein*e Pressesprecher*in, könnte es so klingen:

„Die Umwelt kommt mit der Reinigung nicht hinterher. Ihr, die Gesellschaft, die Bewohner*innen der Erde, steht vor der dritten industriellen Revolution und habt die Folgen der zweiten noch immer nicht in den Griff bekommen. Ihr könnt nur so viel Holz schlagen, wie auch nachwachsen kann. Jede Generation muss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht den nachkommenden Generationen aufbürden. Ihr müsst handeln und nicht weiter an eurem eigenen Ast sägen! Wenn ihr so weitermacht wie bisher, beraubt ihr eure eigene Lebensgrundlage. Nachhaltigkeit ist für das Fortbestehen eurer Spezies schlichtweg alternativlos.“

Der Blick nach hinten: Aus Fehlern lernen

Auf diesen Hilferuf unserer Erde, in Form von Erderwärmung und dem Verlust der Artenvielfalt, reagierte Deutschland erstmals im Jahr 2002 mit einer neuen Nachhaltigkeitsstrategie. Seitdem wird die diese in regelmäßigen Abständen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung in unserem Land angepasst. Die nationalen Maßnahmen und Leitlinien beinhalten dabei auch mittel- und langfristige Vorgaben für Konzerne, Unternehmen und staatliche Behörden.

Die Vereinten Nationen beziffern die Umweltschäden, die allein die 3.000 größten Unternehmen der Welt durch den Missbrauch natürlicher Ressourcen, durch Verschmutzung von Luft oder Gewässern sowie das Aussterben von Arten verantworten, einem Bericht zufolge auf 1,8 Billionen Euro jährlich.

Viele Unternehmen tuen Nachhaltigkeit immer noch als vermeintlich temporäres Trendthema ab. Zu Unrecht, wie auch Volkswagen 2015 gemerkt hat. Aus der „Schummelei“ bei der Dieselemissionen wurde schnell eine Milliardenklage wegen Betrugs.

Genau hier lag das Problem: Das Thema Nachhaltigkeit wurde nicht als Teil der Unternehmens-DNA verstanden und behandelt. Unternehmens-Chefs und Manager*innen haben, trotz ihrer privilegierten Position, kurzfristiges Denken gefördert, Risiken falsch eingeschätzt und so Vertrauen und Wert verspielt.

Um diese Vergangenheit zu überwinden, müssen sich Konzerne und Unternehmen auf oberster Ebene bewusstwerden, für welche Werten sie stehen wollen und wie sie diese erreichen können. Das Thema Nachhaltigkeit muss dabei eine sehr hohe, wenn nicht sogar höchste Priorisierung bekommen.

Der Blick nach vorne: Wachstumschancen für Unternehmen und die Gesellschaft

Eines ist nun klar: Unternehmen haben eine generelle Verantwortung. Sie sind maßgeblich verantwortlich für einen bewohnbaren Planeten und die Lebensräume unterschiedlicher Bewohner*innen.

Für die Politik, ob in Deutschland oder die Vereinten Nationen, ist Nachhaltigkeit folgerichtig zu einem zentralen Leitprinzip herangewachsen. Daraus resultierend wurden die “fünf P‘s” (People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership) formuliert, nach denen sich auch Unternehmen richten müssen.

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Schauen wir jetzt nach vorne, sehen wir beispielsweise, dass das Interesse an nachhaltigen, gesunden und umweltverträglichen Produkten immer weiter steigt – nicht nur bei den Millennials. Das zeigt eine aktuelle Studie vom Capgemini Research Institute, nach der 79 Prozent der Käufer*innen ihr Kaufverhalten überdenken und mehr Wert auf soziale Verantwortung, Inklusivität und Umweltfreundlichkeit legen.

Es gibt weitere Gründe für Unternehmen, vorausschauend zu agieren und Regulierungen frühzeitig zu antizipieren. Darunter:

  • Investoren wollen Profite – längst nicht mehr um jeden Preis. Immer mehr Anleger*innen fragen nachhaltige Finanzprodukte nach und möchten inzwischen genau wissen, was eigentlich in ihren Sparplänen, Pensionen und ETFs an einzelnen Investments enthalten ist.
  • Es gibt neue und zunehmend harte (staatliche) Regulierungen, die befolgt werden müssen. Wenn Regulierungen eingeführt oder verschärft werden, ist die Einhaltung unabdingbar. Nur wer Vorschriften einhält, kann seine operativen Lizenzen behalten.
  • Nachhaltigkeit stärkt langfristig ein positives Image. Vor allem das Image von Branchen, die sehr energieintensiv arbeiten, hat in den letzten Jahren deutliche Dämpfer erlitten. Mit der Nutzung nachhaltiger Energiequellen lässt sich das Unternehmensbild daher positiv beeinflussen.
  • Sparsamer Ressourcenumgang senkt letztlich die Kosten. Nachhaltig zu agieren bedeutet nicht nur, den Gasanbieter zu wechseln, auch wenn damit ein wichtiger Schritt getan wird. Der bewusste Umgang mit Ressourcen erstreckt sich auch auf die Nutzung von Strom, Papier, Verpackung – oder dem Dienstwagen.
  • Aus Sicht des Employer Brandings bieten sich ebenfalls viele Potenziale für Unternehmen. Gerade die Generation Y und Z legt großen Wert auf eine gute Work-Life-Balance und nachhaltiges Ressourcenmanagement bei der Wahl des Arbeitgebers.

Der lohnenswerte Blick zur Seite

Es gibt Global Player und international bekannte Unternehmen, die sich bereits der Nachhaltigkeitstransformation verpflichtet haben. Heutzutage gibt es dafür eigene Ratings, wie den Dow Jones Sustainability Index, in dem weltbekannte Firmen wie beispielsweise SAP gelistet sind.

Darunter befinden sich auch viele kleine und mittelständische Unternehmen wie die gaerner GmbH, die bereits auf ressourceneffiziente Produktion achten, Nachwuchs ausbilden und insgesamt darauf bedacht sind, zukunftsfähig zu handeln und nicht nur den kurzfristigen Gewinn im Blick zu haben.

Der Austausch über solche Nachhaltigkeitsbestreben und die Umsetzung im eigenen Unternehmen ist eine Frage des Willens. Es gibt unzählige Kanäle (wie z.B. LinkedIn Gruppen, Fachmagazine, Webinare o.ä.), die als Inspiration und Vorbild dienen können und nur darauf warten, genutzt zu werden.

Auch der Blick in, bzw. Austausch mit fachfremden Branchen und Start-ups kann Manager*innen viel über Nachhaltigkeitsstrategien für das eigene Unternehmen verraten. Gerade im Bezug auf Werteversprechen und -einhaltung können die Großen viel von den Kleinen lernen.

Ein gutes Beispiel hierfür schafft der Ecosia-Gründer Christian Kroll, der beweist, dass Nachhaltigkeit alle betrifft – und dass jede*r einen Teil dazu beitragen kann. Die grüne Google-Alternative steckt 100 Prozent ihres Gewinnes in den Klimaschutz.

Financial Report ecosia

Finanzbericht von Ecosia | September 2020 (Quelle: eigener Screenshot)

Die richtigen Voraussetzungen schaffen durch den Blick ins Unternehmen

Doch wie können Unternehmen auf die Interessen von Umwelt und Verbraucher*innen reagieren? Dazu muss ein Unternehmen einen gründlichen „Blick nach innen“ werfen und zu einer zum Betrieb passenden Nachhaltigkeitsstrategie mit den dazu gehörenden Zielen und Maßnahmen kommen.

Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation sind vielschichtig und komplex. Zu beachten sind dabei unter anderem die folgenden fünf Punkte zum Nachhaltigkeitsmanagement:

  • Klare Verantwortlichkeiten schaffen
  • Verdeutlichung der gesellschaftlichen Verantwortung
  • Analyse, Bewertung und Planung der Nachhaltigkeitsperformance und regelmäßige Audits sowie Reviews
  • Die eigenen Umweltdaten um Nachhaltigkeitskennzahlen ergänzen (bspw. GRI-Standards der Global Reporting Initiative)
  • Reden, reden und nochmals reden

Aller Anfang ist schwer und die Transformation eines Unternehmens kann, abhängig von der Größe und Mitarbeiter*innenzahl, anfangs wie das Staubsaugen in der Wüste aussehen. Es gibt jedoch eine Vielzahl von kurzfristigen Maßnahmen, die in Unternehmen schnell umgesetzt werden können.

Marketing und Werbung als wichtiges Instrument zur Sensibilisierung

Neben Politiker*innen und Journalist*innen haben vor allem Werbe- und Marketingagenturen sowie Marketingabteilungen jedes Unternehmens die Möglichkeit, die Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen zu kommunizieren, um die (Konsum-)Welt ein bisschen besser zu machen. Ist bei der besagten Kommunikation von Nachhaltigkeit die Rede, darf sie jedoch nicht als Marketinginstrument zur Imagesteigerung dienen, sondern muss als Teil der Unternehmensphilosophie fungieren.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Paradigmenwechsel in der Werbebranche zu verstehen. Der Anspruch von Konsument*innen an Werbeinhalte hat sich verändert. Früher waren simple, produktnahe, verführende Reklamen ausreichend. Heute braucht es interaktionsfokussierte Kommunikation, welche die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeit der Marken und des Unternehmens aufzeigt, durch Nachweise auch belegen kann und dadurch überzeugt.

Fazit: Das einstige Trendthema Nachhaltigkeit wird zum unternehmensstrategischen Pflichtprogramm

Wir befinden uns in Aufbruchsstimmung. Die Ziele für uns als Gesellschaft, für Unternehmen und jedes Individuum sind klar: Die Transformation zur nachhaltigen Gesellschaft schnell voranbringen, denn uns läuft die Zeit davon.

Nachhaltigkeit darf nicht länger als „Trend“ gesehen bzw. von Unternehmen nicht als solcher marginalisiert werden. Die Nachhaltigkeit ist gekommen, um nun zu bleiben. Sie muss fester Bestandteil jeder Unternehmens-DNA werden.

Anders ausgedrückt: Wer sich dem Thema Nachhaltigkeit entzieht, verschließt sich wichtigen Zielgruppen bzw. Mitarbeiter*innen, wie z.B. den heranwachsenden Entscheider*innen (Generation Y und Z) und läuft damit perspektivisch Gefahr, nicht länger wettbewerbsfähig zu sein.

Schlussendlich lässt sich konstatieren, dass jedes Unternehmen in der Verantwortung steht, seine eigene ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten, um klimapositiv zu werden. Gelingen tut dies durch die Auseinandersetzung mit den Handlungsdimensionen im Sinne der fünf P’s, die sich immer auch gegenseitig bedingen.

Denn darum geht’s: People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership

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