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Storytelling: Ohne Leitnarrativ keine Geschichten

Storytelling – ein so griffiger Begriff, dass er im Marketing-Kontext mittlerweile zu einem im wörtlichen Sinne unfassbaren Buzzword aufgebläht wurde. Wir wollen hier deshalb versuchen, Storytelling einmal auf sein theoretisches Grundkonzept einzudampfen.

Wenn wir von Storytelling für Unternehmen sprechen, müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass damit lediglich eine bestimmte Geschichte gemeint ist, die in einem einzelnen Video oder einem Magazin-Artikel erzählt wird.

Natürlich kann ein Werbespot eine Kurzgeschichte erzählen, aber das Konzept von Storytelling mündet nicht in einem einzelnen isolierten Content-Piece, sondern ist vielmehr als ganzheitlicher Ansatz zu verstehen, um die Unternehmenswerte zu kommunizieren.

Denn das “Wofür” ist ein zentraler Faktor für Kaufentscheidungen.

Storytelling basiert auf einem Leitnarrativ

Im Zentrum steht ein Leitnarrativ, welches das „Wofür” beinhaltet – die übergeordnete „Moral von der Geschicht'”.

Jeder Werbespot, jeder Blogartikel, jeder Instagram-Post, jedes Design-Element erzählt dann eine Geschichte, die sich auf ein zentrales Leitnarrativ des Unternehmens bezieht und das „Wofür” nach außen transportiert.

Jede einzelne Geschichte besitzt also ein und dieselbe Narrativ-DNA.

Leitnarrativ vs. Stories

Folgende Gegenüberstellung soll den Unterschied zwischen Stories und dem Leitnarrativ noch einmal verdeutlichen:

Leitnarrativ Stories
Das „Wofür” Beispiele für das „Wofür”
Narrative sind offen – sie
haben kein definiertes Ende,
sondern geben lediglich
eine Richtung vor.
Geschichten sind in sich abgeschlossen
– sie haben einen
Anfang, eine Mitte und ein
Ende.
Narrative stellen die*den Kund*in
in den Mittelpunkt. Sie*Er bestimmt
das Ende.
Geschichten stellen eine*n bestimmten
Hauptprotagonist*in
in den Mittelpunkt, der das
Ende bestimmt.
Geschichten basieren auf
einer Erzählung, die bestimmte
Werte und Moralvorstellungen
verhandelt.
Geschichten besitzen eine
emotionale Kraft.

Daraus ergibt sich vereinfacht folgendes Modell:

Das Leitnarrativ macht also ein zentrales Versprechen an die*den Kund*in. Wie wir gleich sehen werden, tritt es beispielsweise in der Unternehmensvision, im Mission Statement oder im Werbeclaim zutage.

Alle Inhalte werden davon abgeleitet und sind sozusagen Botschafter dieses Versprechens.

Sie sind sozusagen Arbeitsproben, mit denen das Unternehmen untermauert, dass es dieses Versprechen ernst meint und auch im Falle eines Kaufs einlösen wird. So entsteht Vertrauen.

Ohne Leitnarrativ also keine Stories

Bevor sich Marketer*innen an die Recherche von Themen und die Erstellung von Content machen, muss immer erst das zentrale Leitnarrativ entwickelt werden.

Ein Beispiel für ein Leitnarrativ

In unserem eBook “Understanding Storytelling” kannst du nachlesen, wie Unternehmen ein solches Leitnarrativ entwickeln können. Für den Moment reicht es aus zu wissen, dass solche Leitnarrative immer auf einem oder mehreren Konflikten beruhen.

Vereinfacht gesagt wird mit einem Leitnarrativ die Komplizenschaft mit den Kund*innen geschmiedet:

“Wir (also Kund*in und Unternehmen) gegen die (Akteure und Zustände in der äußeren Welt)”

Diese Message tritt häufig unmittelbar in den Claims, Mission oder Vision Statements der Unternehmen zutage.

Beispiel Nike:

„just do it. II" von Xune531. Lizenz: CC BY-SA 3.0 „Just Do It."

„just do it. II” von Xune531. Lizenz: CC BY-SA 3.0 „Just Do It.”

Adressierte Konflikte:

  • Fokus vs. Ablenkung
  • Selbstbewusstsein vs. Angst
  • Disziplin vs. Disziplinlosigkeit

Das Leitnarrativ impliziert: Ablenkungen, Zeitdruck und Versagensängste hindern dich daran, deine Träume in die Tat umzusetzen. Wenn du diese persönlichen Barrieren überwindest, bist du allerdings zu ungeahnten (sportlichen) Leistungen fähig.

Herangehensweise zur Überwindung:

„Bring inspiration and innovation to every athlete in the world. If you have a body, you’re an athlete”

Für Nike gelten alle Menschen als Athleten. Ergo gilt auch das Credo „Just Do It” für sämtliche (Nicht-)Athlet*innen: Kann ich nicht, gibt es nicht!

Das Leitnarrativ impliziert: Der Weg zu deiner persönlichen Bestleistung mag anstrengend sein, deshalb ist Nike dein persönlicher Begleiter, mit dem du über deinen Schatten springst und deine Träume verwirklichst.

Resultat:

Wenn du deine persönlichen Barrieren überwindest, warten Schönheit, Spaß und Stolz auf dich!

Diesem Leitnarrativ ordnen sich alle Content-Pieces von Nike unter. Schön zu sehen in der jüngsten Nike-Kampagnen, die den Hymnen-Protest im Football aufgriff. Im Spot „Dream Crazy” wirbt das Unternehmen mit Colin Kapernick, dem ersten Spieler, der bei US-Hymne vor dem Spiel auf die Knie ging, um gegen Rassismus zu protestieren.

Aber auch jedes einzelne Bild auf der Website fungiert als Vehikel für das Leitnarrativ und erzählt eine Story.

Man achte auf den entschlossenen Gesichtsausdruck der Models. Niemand spricht, aber das “Just do it” schmettert einem trotzdem irgendwie lautstark entgegen.

https://www.nike.com/de/de_de/

Quelle: nike.de; URL: https://www.nike.com/de/de_de/ (05.03.2019

Es lassen sich einige Regel für ein Leitnarrativ zusammenfassen:

  • Authentisch: Das Leitnarrativ muss die Kund*innen- und Unternehmenswerte sowie den Konflikt widerspiegeln.
  • Einzigartig: Produkte ähneln sich, Dienstleistungen ähneln sich – deshalb muss sich das Narrativ abheben. Im Leitnarrativ muss der Unterschied zur Konkurrenz deutlich werden.
  • Konsistent: Das Leitnarrativ muss präzise genug sein, um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden und generisch genug sein, um über verschiedene Kanäle und Formate erzählt zu werden.
  • Offen: Das Leitnarrativ muss eine unendliche Zahl an Content-Pieces ermöglichen.
  • Bartauglich: Das Leitnarrativ muss so leicht verständlich sein, dass es sich abends an der Bar erzählen lässt. Dieses (fiktive) Szenario ist ein guter Test, um die Verständlichkeit des Leitnarrativs zu überprüfen. Sobald sich das Leitnarrativ nicht auf wenige Sätze zusammen dampfen lässt, ist es zu kompliziert und adressiert zu viele verschiedene Konflikte.

Wie entwickelst du jetzt ein Leitnarrativ, das deinen Inhalten den Weg weist? Entweder du hältst es wie Shia LaBeouf und machst dich ohne Umschweife an die Arbeit.

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Oder du wirfst vorher noch einen Blick auf unseren Leitfaden, den du in diesem eBook findest.

 

Manni (he/him)
Manni ist Head of Marketing und verantwortlich für die Eigenvermarktung von House of Yas. Vor seiner Zeit bei House of Yas hat er bei Radiosendern und Zeitungen gearbeitet und nebenher seinen Master in Medienkulturwissenschaften gemacht. Heute bringt er seine journalistische Erfahrung und kritische Mediendenke in den Agenturalltag ein und lässt seiner Kreativität bei der Entwicklung von neuen Formaten freien Lauf.
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