HoY Logo

Johannes Ceh über Customer Experience

Die Customer Experience umfasst alle Erfahrungen, die ein*e Kund*in mit einem Unternehmen macht.

An jedem einzelnen Kontaktpunkt mit der Marke – angefangen etwa mit dem Besuch der Website über den Bestellprozess bis hin zur Produktnutzung – soll nach dem Konzept der Customer Experience eine kund*innenzentrierte Ausrichtung dafür sorgen, dass die Marke als positiv wahrgenommen wird.

Ziel ist es, so nachhaltig eine emotionale Bindung und Beziehung zwischen Kund*innen und Marke aufzubauen.

Dass eine kund*innenzentrierte Ausrichtung und positive Nutzer*innenerfahrungen für Unternehmen wichtig sind, sollte unbestritten sein. Trotzdem tun sich viele Unternehmen noch schwer dabei, das Thema Customer Experience systematisch und ganzheitlich umzusetzen.

Johannes Ceh ist Kolumnist und Customer Experience Berater von Unternehmen. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, was die größten Hürden bei der Umsetzung sind und welche Rolle der Content bei der Kund*innenerfahrung spielt.

Hallo Johannes! Viele Marketer*innen verbinden mit Customer Experience in erster Linie die Content-Optimierung im Sinne der Nutzer*innen, z.B. die Optimierung der Inhalte für mobile Endgeräte. Was verstehst du genau unter „Customer Experience“?

Johannes Ceh: Customer Experience ist ein Begriff, den es im Unternehmensbereich im englischsprachigen Raum bereits seit vielen Jahren gibt. Im Marketing ist er in den letzten zwei Jahren ganz plötzlich aufgetaucht. Customer Experience heißt unter anderem genau das, was du schon sagtest: „Content-Optimierung im Sinne der Nutzer*innen“.

Ich meine damit Kund*innenzentrierung im ganzen Unternehmen – das beinhaltet jeden einzelnen Berührungspunkt mit den Kund*innen. Egal, ob es um eine App-Bewertung oder eine Probefahrt in einem Auto geht – alles ist ein Berührungspunkt mit den Kund*innen.

Und daher ist es auch wichtig, dass man sich nicht nur digital auf die Kund*innen ausrichtet, sondern ganzheitlich. Die ganze Organisation, der Service, das Produkt – jedes einzelne Team muss auf die*den Kund*in hinarbeiten, um ihm Mehrwerte zu liefern.

Es ist ein sehr komplexes Zusammenspiel, das viel mit Organisation, Prozessen und auch mit Digitalisierung zu tun hat. Die Werkzeuge wie Content-Optimierung, die du ansprichst, spielen dort auf jeden Fall rein und helfen dabei, das komplexe Thema klarer zu machen.

Um die Bedürfnisse der Kund*innen zu erfassen, braucht es gemeinhin Empathie. Im Content Marketing haben wir aber mittlerweile viele technische Möglichkeiten und Tools, die alles messbar machen und auch die Kund*innenkommunikation automatisieren können. Inwiefern braucht es da überhaupt noch Empathie oder anders gefragt: Wie siehst du die Rolle von Technik bei der Gestaltung der Customer Experience?

Johannes Ceh: Es wird in Zukunft noch viel mehr Empathie brauchen als bisher. Mit dem enormen technischen Fortschritt geht das Risiko einher zu glauben, die Technik würde alle Probleme lösen. Software kann uns entlasten, bleibt aber letztendlich ein Werkzeug. Dieses Werkzeug können wir als Menschen einsetzen, um miteinander zu arbeiten und um das Kund*innenerlebnis bestmöglich zu gestalten.

Wir haben es selber in der Hand, ob wir Probleme mit Empathie lösen oder sie der Technik überlassen. In der Regel geht es weder ohne das eine noch ohne das andere.

Es gibt viele Prognosen darüber, welche Jobs in Zukunft noch gefragt sein werden, und welche Fähigkeiten ein Mensch für einen zukunftsfähigen Beruf haben muss. Dabei spielt Empathie eine wichtige Rolle, ebenso wie querdenken.

Viele Unternehmen hängen in diesem Aspekt bei Stellenbeschreibungen noch hinterher, weil sie noch nicht wissen, welche Leute in diesem Bereich gefragt sind und wie sie diese für ihr Unternehmen gewinnen. Gerade junge Leute, die auf Arbeitssuche sind, stellen sich dann die Frage, wie sie sich in dem Unternehmen überhaupt einbringen können.

Wo siehst du in Unternehmen aktuell die größten Hürden bei der Entwicklung von kund*innenzentrierten Content-Marketing-Strategien?

Johannes Ceh: Aus Content Marketing Sicht ist die größte Hürde, dass es kein einheitliches Verständnis davon gibt, welche Aufgabe Content erfüllt. Es gibt tausende Auffassungen davon, was Content bewirken soll, und dementsprechend schwierig ist es, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Inhalte sind ein Werkzeug. Sie sollen unterhalten, informieren und den Leuten generell weiterhelfen. Das ist immer die wichtigste Frage: Wie hilft der Inhalt den Leuten bei ihrem Problem weiter?

Was müssen Unternehmen tun, damit sie mit ihren Inhalten die richtigen Leute adressieren?

Johannes Ceh: Es hilft mit Sicherheit, ausführliches Social Listening zu betreiben und sich auf diese Daten zu beziehen. Indem man beobachtet, was bei Kund*innen gut ankommt und was nicht, kann man im Endeffekt herausfinden, wie man den Kund*innen den besten Dienst anbietet.

Damit erzielt man oft bessere Ergebnisse, als wenn man eine einfache Kampagne startet.

Durch das Internet kann jedes Unternehmen heute zu einem Publisher werden. Du kommst aus dem Journalismus und reagierst in diesem Zusammenhang besonders empfindlich auf Aussagen wie „Content kann jeder“. Was zeichnet hochwertigen Content aus? Warum kann deiner Meinung nach Content eben nicht jeder?

Johannes Ceh: Es ist wunderbar, dass technisch gesehen jeder etwas veröffentlichen kann. Für mich ist aber die erste entscheidende Frage, inwiefern dieser Inhalt irgendjemandem weiterhilft.

Gute Inhalte, egal, ob sie in einer Redaktion oder einer Agentur erstellt wurden, helfen den Menschen weiter. Dafür braucht es allerdings eine gewisse Strategie.

Bei dem Glaubenssatz „Content kann jeder“, steckt oft auch dahinter, dass für digitalen Content kein Geld ausgegeben werden möchte. Dabei vergessen die Leute aber, dass hinter dem Content auch ein gewisses Handwerk steckt.

Auch als Influencer*in muss man erst mal etwas dafür tun, dass die Leute mit dem Inhalt resonieren. Mit der Aussage „Content kann jeder“ wertet man aber das Können derjenigen, die den Content herstellen, ab.

Vor allem in Zeiten der „Fake News“ ist es besonders wichtig, dass man es beherrscht, auch schwierige Themen kompetent und relevant darzustellen.

Dabei gibt es einen erheblichen Unterschied, ob man mit Content Selbstdarstellung betreibt oder ob man den Leser*innen einen Mehrwert bietet. Die Arbeit, die in guten Content fließt, muss gewürdigt werden, vom Unternehmen und von der Gesellschaft.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Johannes!

Eine kund*innenzentrierte Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten – dieser Gedanke ist einleuchtend. Die Umsetzung allerdings ist heutzutage schwieriger denn je.

Unternehmen stehen vor der Aufgabe, eine einheitliche, ganzheitliche Kund*innenerfahrung entlang der Customer Journey zu gestalten – und das über sämtliche Touchpoints hinweg, vom Website-Besuch des Autohauses über den Espresso vor der Probefahrt bis hin zur Service-Hotline nach dem Kauf.

Content wird im Zuge dessen zu einem mächtigen Werkzeug und Marketer*innen profitieren heute von den technischen Möglichkeiten, z.B. Social Listening und Marketing Automatisierung.

Allerdings ersetzen diese Tools keine Empathie. Eine kundenzentrierte Ausrichtung gelingt nur in Kombination.

cta-conversion-ebook-gross

Manni (he/him)
Manni ist Head of Marketing und verantwortlich für die Eigenvermarktung von House of Yas. Vor seiner Zeit bei House of Yas hat er bei Radiosendern und Zeitungen gearbeitet und nebenher seinen Master in Medienkulturwissenschaften gemacht. Heute bringt er seine journalistische Erfahrung und kritische Mediendenke in den Agenturalltag ein und lässt seiner Kreativität bei der Entwicklung von neuen Formaten freien Lauf.
Das könnte dich auch interessieren: